Foto-Galerie

Galerie Menschen

Foto aus der Galerie “Unterwegs”, Titel: Menschen am Strand

Warum ich Menschen und hier auch Kunstschaffende abbilde und mir auch Musiker und da vor allem Interpreten des Free Jazz nahegekommen sind, obwohl ich keine Ahnung von Musik habe!


Wie ich schon in meinen ersten Ausführungen zu meiner Fotografie und da besonders etwas zur Abbildung der Natur bemerkt habe, will ich hier auch etwas zu meiner Menschenfotografie etwas sagen!Früher knipste ich nach meiner Seefahrtszeit, hauptsächlich meine Familie, meine heranwachsende Tochter und nur manchmal hielt ich einen interessanten fremden  Menschen fest! Zur Wende war ich enttäuscht, dass Menschen so schnell ihre kulturelle und soziale Identität preisgaben und nicht darauf bestanden, nicht nur ihre Fehler sondern auch ihre gewachsene soziale Identität und damit auch ihr geistiges und materielles geschaffenes Volksvermögen mit ihren Ansprüchen,  in die Einheit mit einzubringen zu dürfen; und so fotografierte ich eine Zeit nur die Natur! Erst Jahre später, wo ich dann mit gefährdeten Kindern und Jugendlichen gearbeitet habe, waren es dann die ersten Motive im Leben mit ihnen, die ich für uns mit der Kamera festhielt, die aber hier nicht zum Tragen kommen können! Andere aktuelle Motive sichte ich noch und will sie dann, wenn möglich, bringen!Kinder und Jugendliche sind etwas Wunderbares für mich, aber es kommt bekanntlich darauf an, was wir durch unser Tun ihnen vorleben und wie wir mit ihnen umgehen; und sie nach Goethe so behandeln, wie wir wünschen, dass sie sein sollen und so in ihre Seele hineinschreiben, dass sie bereitwillig  befähigt werden in jeder Hinsicht etwas aus sich zu machen! Hier habe ich oft selbst auch versagt und ich bin froh, dass mir meine Tochter heute schon ein wenig verziehen hat und teilweise versteht, warum ich nicht oft so gehandelt habe!Nun aber will ich bei meiner Menschensuche das Leben einfangen und vielleicht auch etwas mehr sehen als früher, bin mir dabei -trotz meines Alters- aber bewußt,  dass ich relativ gesehen, erst am Anfang stehe; und es auch wie in der Natur, vorerst nur Momentaufnahmen sein können, die in jeder Hinsicht noch nicht ausgegoren sind!

Bei den Kindern und Jugendlichen will ich beim Fotografieren neben ihrem charakteristischen  Erscheinungsbild -wenn möglich- auch ihre Bedürfnisse anklicken!

Bei den Künstlern sind es die Maler und Bildhauer, die mir von den Voraussetzungen und vom Interesse her am nächsten liegen, aber mein Bauchgefühl ist komischerweise auch bei den Musikern, und dabei besonders bei den so genannten Freien, den Frauen und Männern des Free Jazz! Ich fand diese Musik früher sehr anstrengend, weil sie für mich keine „Harmonien“ in sich hatte und bis heute kann ich dabei kaum etwas anderes tun und muss zuhören!

Aber ich werde diesen Tag und das Erlebnis bis heute nicht vergessen, wo sich in meiner Einstellung dazu, etwas vollkommen verändert hat! Es war Mitte der Sechziger, meine finnische Freundin, schrieb mir, dass sie in Deutschland sei und im Aussenministerium in Berlin als Dolmetscherin ein paar Wochen arbeiten werde! Ich war als Hochseefischer kurz vor dem Auslaufen zum Fangplatz Labrador, vor der kanadischen Küste; und ich konnte mit letzter Anstrengung noch einen Ersatzmann für mich gewinnen! Wir trafen uns dann in Berlin, wo ich mit ihr am Abend ins „Bukarest“ ging, wo ich vorher schon bei guter rumänischer Folkloremusik, die für mich etwas sehr Anziehendes hat, weil ich etwas von diesem Romablut in mir spüre, gegessen hatte! Hatte vorher den Musikern auch schon Einen ausgegeben; und als ich mit meiner Freundin wieder kam, kamen sie sofort auf uns zu und fragten nach unseren musikalischen Wünschen; und wie sollte es anders sein,  meine Freundin wünschte sich von dieser astreinen Folkloreband mit originalen Folkloreinstrumenten Free Jazz! Nun dachte ich, „…oh Mädchen, wenn das mal gut geht und dann das Folklorepublikum..“! Die Musiker aber guckten sich kurz an, schmunzelten dann und meinten, das ginge in Ordnung und dann war das große Folklorerestaurant „Bukarest“ in Berlin ab sofort ein rumänisches Jazzlokal erster Güte und ich erlebte zum ersten Mal, was gute Musikanten vermögen, wenn sie sich frei fühlen und Spaß am Spiel haben und sich gegenseitig zur Höchstform emportreiben und ihre Individualität über ihr Instrument voll ausspielen!
Im Publikum erfolgte im Laufe des Abends ein teilweiser Wechsel und alle anderen Gäste, und ich mittendrin, staunte mit großen Augen und Ohren und ich war mit meiner Freundin dann mehr als begeistert, denn die Band spielte den ganzen Abend nur für uns und hatten sogar noch einen unwahrscheinlichen Spaß dabei; und keiner beschwerte sich und auch der Chef des Hause ließ seine Band so weiter spielen, bis zum Schluss!
Danach lernte ich so nach und nach bei Veranstaltungen im Filmklub der Uni -Rostock in der Mensa in der Südstadt,  im Studentenkeller im Zentrum und sogar im Volkstheater Rostock, nicht nur die Jazzszene der DDR kennen, nachdem ich als Erzieher an Land arbeitete und mit meinen mir anvertrauten Jugendlichen und zukünftigen Hochseefischern, eine progressive Kulturszene gesucht habe!

Und so kam es, dass ich mit dem Bauch die Spielweise solcher Musiker kennenlernen durfte, wie Joe(Helmut) Sachse, Uwe Kropinski, Conrad, später auch Johannes und Matthias Bauer, Baby Sommer und nicht zuletzt auch Ulrich Gumpert und natürlich auch Ernst-Ludwig Petrowsky und seine Partnerin Uschi Brüning und noch viele andere tolle Musikanten, wie den Partner von Uwe Kropinski, den Zauberer auf dem Elektrobass, dem Amerikaner David Friesen und nie vergessen,  auch den Japaner Yosuke Yamashita mit seiner Band, als er damals in Rostock war!

Heute aber auch für mich sehr beeindruckend,  der herrliche übergreifende Genius mit Punkerfrisur,  Nigel Kennedy und gleich daneben der wunderbare Klassiker mit der Geige, Daniel Hope, den ich in Güstrow hören durfte!

Der Jazz, der ja bekanntlich seinen Usprung bei den Afroamerikanern hat, ist für mich heute in seiner Free -Jazz-Ausprägung neben der Klassischen Musik, der progressivste Bereich der Musik schlechthin und seine Akteure in ihrer multikulturellen Gemeinsamkeit, aber individuellen Ausdrucksweise das, was ich mir unter einem zeitgemäßen und progressiven Musiker vorstelle; wo am Ende das Können und die individuelle Persönlichkeit und nicht die Hautfarbe eine Rolle spielt! Würde aber noch der arrogante „Zigeuner“ Django Reinhardt leben, ich würde ihn gerne fotografieren, denn sein Spiel auf der Gitarre ist für mich so sensibel und einmalig und berührt mich ganz stark!

Aber auch die Klezmermusik mit dieser dominanten Klarinette dabei , so wie sie auch Giora Feidmann spielt, haben es mir angetan! Wenn ich das, was ich dabei empfinde, dann mal in Fotografie umsetzen könnte, dann wäre ich glücklich! So aber stehe ich erst am Anfang, von dem was ich will, aber alles braucht seine Zeit und die habe ich bis das Licht ausgeht! Aber vorher will ich auch noch viele von diesen Menschen fotografieren, die aus der Dunkelheit ins Licht kommen und unsere Seele erklingen lassen mit ihrem Wesen, dass sie über ihr Instrument nach außen bringen!!! Aber nicht nur sie, denn der Mensch mit allen seinen anerzogenen guten und schlimmen Eigenschaften an sich und die wunderschön anziehenden, manchmal mehr fühlenden Frauen, die uns die Natur zur Seite gestellt hat, damit das Leben einen Sinn bekommt, sind doch mit das Interessanteste und Schönste, was es auf der Welt gibt und das will ich festhalten ohne Ende, egal wo ich hinkomme und dabei geht es mir nicht in erster Linie ums Geld verdienen,  wenn ich auch zu meiner Rente noch etwas dazu verdienen muss, sondern um das Erleben dieses Menschen, der mich interessiert und den ich beobachte, oder mit seinem Einverständnis auf meine Art abbilde und dann auch zeigen möchte, damit andere von diesem Menschen im Idealfall so berührt werden,  wie ich!

Harald Nadler